13. Feb. 2024
Sinan Karweina: Wie vor 50 Jahren: Ein Deutscher verzaubert den Wörthersee
Wie einst sein Landsmann Lothar Emmerich in den 1970er-Jahren verzaubert der Deutsche Sinan Karweina mit seinen Toren den Wörthersee. Der 24-Jährige im Dienste von Austria Klagenfurt ist aktuell sogar der Topscorer der ADMIRAL Bundesliga.
Die Deutschen und der Wörthersee. In den 1970er-Jahren das perfekte touristische und fußballerische Zusammenspiel. Rückblende: Während Urlauber aus dem Nachbarland in Scharen hierher strömen, spätere Kultfilme und Schlagersongs gedreht bzw. aufgenommen werden und die deutschen Klatschpressen voll mit Berichten über die Reichen und Schönen sind, verzaubert ein Weltmeister im Spätherbst seiner Karriere die Massen im Waidmannsdorfer Stadion, nur einen Steinwurf vom türkisblauen See entfernt: Lothar Emmerich. „Emma mit der linken Klebe“ (2003 gestorben) erzielt zwischen 1972 und 1974 in 58 Spielen 41 Tore und löst einen regelrechten Boom in der Kärntner Landeshauptstadt aus.
Jetzt, über 50 Jahre später, erlebt der Wörthersee eine deutsche Renaissance. Verantwortlich dafür ist Sinan Karweina, wie Emmerich aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen. Um an die Erfolge eines Emmerichs nur ansatzweise heranzukommen, fehlt freilich noch einiges, aber über mangelndes Medieninteresse kann sich der 24-Jährige nicht beschweren. Sogar deutsche Sportmedien - wie der renommierte „Kicker“ - reißen sich um Interviews mit ihrem Landsmann. Kein Wunder bei diesen Zahlen: 8 Tore und 7 Assists (15 Punkte) im Herbst machen den „Straßenfußballer“ aktuell zum Topscorer der Bundesliga. Der ehemalige Nachwuchsprofi des 1. FC Köln lässt damit Spieler wie Robert Zulj (LASK/12) und Karim Konaté (Salzburg) sowie Maximilian Entrup (Hartberg/beide 10) hinter sich. „Klar ist es schön zu sehen, dass sich die Öffentlichkeit für einen interessiert. Das zeigt, dass man was Gutes geleistet haben muss“, betont Karweina im Gespräch mit dem Bundesliga-Journal. Aber ihm sei natürlich bewusst, dass dadurch die Ansprüche stetig steigen. „Ich sehe das aber nicht als Druck, sondern als zusätzliche Motivation.“
Torgarant dank neuer Position
Der 68-fache 3.-Liga-Spieler Deutschlands kam im Sommer 2022 vom insolventen Klub Türkgücü München zu den Violetten. Nach einem durchschnittlichen ersten Jahr explodiert der gebürtige Gummersbacher in dieser Saison so richtig. Der Grund dafür ist einfach erklärt: In der Vorsaison noch als Rechtsaußen eingesetzt, spielt er nun wieder auf der Neun. „Das ist mein Spiel, so wie ich es schon in meiner Jugend gewohnt war. Ich kann jetzt mehr meinen Instinkten folgen.“ Wie beispielsweise beim 3:2-Auswärtserfolg bei Rapid am 11. Spieltag, wo ihm ein Doppelpack binnen fünf Minuten gelang. Dieses Spiel erklärt übrigens auch am besten die Erfolgsstory der Klagenfurter unter ihrem Trainer Peter Pacult. In der Halbzeit beim Stand von 1:0 für Grün-Weiß erhielt Karweina von seinem Coach eine Standpauke. Prompt entschied der Stürmer nach dem Seitenwechsel das Spiel fast im Alleingang. „Wenn er einfach Fußball spielt, ist er ein toller Stürmer“, adelte ihn Pacult nach dem Spiel. Und Karweina sieht Pacult als größten Baustein des Erfolgslaufs der Kärntner. „Er weiß, wie er die Spieler kitzeln kann, um das Optimum aus ihnen herauszuholen. Er ist direkt und ehrlich – und das gefällt mir. Er hat ein feines Gespür und kann auf Situationen im Spiel extrem schnell reagieren.“
Deutsch-österreichische Freundschaften
Karweina weiß aber auch, dass er den Hype um seine Person in erster Linie seinen Mitspielern zu verdanken hat. „Als Einzelner allein kannst du ja nicht viel ausrichten, es muss die gesamte Mannschaft im Kollektiv funktionieren. Und wir sind als Truppe gewachsen, auch wenn wir zu Saisonbeginn einige schmerzhafte Abgänge hatten. Aber das hat uns noch mehr zusammengeschweißt.“ Der Schmäh in der Kabine kommt dabei auch nicht zu kurz. Als Deutscher in Österreich muss er sich natürlich auch den einen oder anderen Witz auf seine Kosten anhören. Oder Schmähungen wie nach dem jüngsten Länderspiel zwischen den beiden Nationen. „Ich kontere dann gerne mit dem Weltmeistertitel 2014 – dann ist es schnell ruhig“, schmunzelt Karweina. Bislang haben sich sein Mut und sein Einsatz jedenfalls ausgezahlt, in Kärnten erlebt er mit seiner Mannschaft erfolgreiche Zeiten und hat die Umstellung von der 3. Liga auf Erstligafußball gemeistert. „Der Schritt nach Österreich war absolut richtig. Im Vergleich zur deutschen 3. Liga wird hier mehr mit dem Ball gespielt, die meisten Teams haben einen fußballerischen Ansatz, während in der 3. Liga eher der Kampf im Mittelpunkt steht. In der österreichischen Bundesliga kann ich meine Stärken besser ausspielen.“ Klar, dass ihn namhafte Klubs aus seiner Heimat bereits auf ihrem Zettel haben. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, über seine Zukunft macht er sich aber noch keine großen Gedanken. „Ich will mit der Austria die Meistergruppe erreichen, darauf liegt mein ganzer Fokus. Alles andere würde mich in meiner Arbeit nur stören.“
Fotos: GEPA pictures