08. Feb. 2024

Samson Baidoo: Senkrechtstarterin der Warteschleife

Was war das für eine Herbstrunde für Samson Baidoo! Der Innenverteidiger des FC Red Bull Salzburg hatte vor der Saison gerade einmal 184 Bundesliga-Minuten in den Beinen. Und war beim Serienmeister auf einmal Stammspieler, Champions-League-Abräumer und Nationalteam-Debütant. Dabei erinnert seine Karriere an einen anderen Salzburger Fußball-Hero.

 

Die Sorgenfalten waren tief beim FC Red Bull Salzburg, als sich Samson Baidoo im Trainingslager in Malaga beim Testspiel gegen FK Bodö-Glimt plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden wälzte. Riss des Syndesmosebandes im rechten Knöchel, Operation, mehrere Wochen Pause. Ein herber Verlust, da es der Youngster, der im Alter von 13 Jahren vom Grazer AK gekommen war, geschafft hatte, sich in die Stammelf und in die Herzen der Fans zu spielen. „So richtig realisieren, was in diesen Wochen passiert ist, konnte ich erst später, als ich ein paar Tage Ruhe hatte“, sagt der 19-Jährige im Gespräch mit bundesliga.at. „Dafür konnte ich es dann umso mehr genießen.“

Youngster? GAK? Wer sich die Vita von Baidoo genauer anschaut, entdeckt unweigerlich Parallelen zu einem gewissen Valentino Lazaro, der ebenfalls in sehr jungen Jahren von den „Rotjacken“ an die Salzach wechselte und von dort seine internationale Karriere mit Stationen in Deutschland, Portugal, England und Italien (aktuell beim FC Torino) startete. „Er hat bis jetzt eine tolle Laufbahn hingelegt, ähnlich wie bei ihm ging es auch bei mir wahnsinnig schnell.“

Persönlich kennengelernt haben sich die beiden (noch) nicht, allerdings wurde Baidoo früher in der Jugend von Lazaros Vater trainiert – und hat sich mit ihm auch über Valentinos Karriereweg unterhalten. Und dabei erfahren, dass es gerade am Anfang nicht immer leicht ist, wenn man es ganz nach oben schaffen will. „Ich hatte zu Beginn viel Heimweh, bin an manchen Tagen nur zum Essen und einen Kurzbesuch mit dem Zug von Salzburg nach Graz und wieder zurückgefahren. Aber das war es mir wert, denn ich hatte damals schon den Traum, dass ich unbedingt Fußballprofi werden will.“

Ein Traum, an dem er hart arbeitete. Und für den er sogar mehrere Schritte zurück machte, zumindest was die Position auf dem Spielfeld angeht. Denn beim GAK sorgte Baidoo als Stürmer für Furore. Doch als ihn die Salzburg-Scouts bei einem Testspiel sahen, waren sie einhellig der Meinung: Mit seiner Größe und Schnelligkeit ist Samson ein Typ für die Abwehr. „Nachdem der Wechsel feststand, durfte ich beim GAK noch ein halbes Jahr in der Verteidigung spielen. Das war gut, um mich an diese für mich komplett neue Position zu gewöhnen. Ich musste mich allerdings erst mit dem Gedanken, Tore zu verhindern statt welche zu schießen, anfreunden. Aber dann dachte ich: Wenn so ein Top-Klub dich will, kann man schon mal die Position wechseln.“

Doch auch dieser Prozess ging schnell vonstatten. Ob im Nachwuchs, bei Kooperationsklub FC Liefering oder in den Spielen der Youth League – Baidoo stach mit seinem kompromisslosen Stil und seiner Abgebrühtheit heraus. Die Frage, ob ihm Nervosität bei immer größer werdenden Bühnen denn komplett fremd sein, quittiert er mit einem für ihn typischen Lächeln. „In den Tagen vor den Spielen bin ich vielleicht etwas angespannt. Aber das zeige ich nie auf dem Platz. Warum sollte ich auch nervös sein, die großen Spiele sind doch genau der Grund, warum man so gerne Fußball spielt?“

Eine Einstellung, die ihm auch am 13. August geholfen hat, als sich Oumar Solet im Spiel bei Austria Wien verletzte und Baidoo zu seinem Saisondebüt verhalf. Wie ein Routinier spielte er das Spiel zu Ende und ließ sich seither nicht mehr aus der Stammelf verdrängen. Ob in der Champions League gegen Kaliber wie Benfica oder Inter Mailand oder in den Top-Spielen der ADMIRAL Bundesliga – stets stand Baidoo seinen Mann. Und erzielte dabei sogar zwei Tore, wobei der frühere Goalgetter da eine klare Meinung vertritt. „So schön es ist, wenn man seiner Mannschaft mit Treffern helfen kann. Aber als Abwehrspieler freue ich mich mehr, wenn wir hinten zu null spielen. Das ist schließlich unsere erste Aufgabe.“ Und zwar eine, die er im Herbst sieben Mal mit Bravour gelöst hat, was auch Teamchef Ralf Rangnick auf den Plan rief. Der Deutsche berief ihn im Herbst in den ÖFB-Kader und wechselte ihn im EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien im vollen Ernst-Happel-Stadion in der 66. Minute ein. Ein Gänsehaut-Moment für die Ewigkeit. „Für sein Land zu spielen ist schon etwas ganz Besonderes. Und natürlich habe ich die Europameisterschaft im Sommer im Fokus. Jedes Kind träumt doch davon, einmal bei solch einem Turnier dabei zu sein. Jetzt muss ich aber erst einmal wieder fit werden.“

Das wird Baidoo gelingen. Denn schließlich weiß er, dass es in einer großen Karriere auch immer wieder gilt, Widerstände zu überwinden. So wie es auch Valentino Lazaro öfter erleben musste. 

 

Fotos: Gepa pictures