06. März 2024
Mario Haas im Legenden-Talk: „Wir sind nicht aus den Geschichtsbüchern zu kriegen"
Mit 145 Toren ist Mario Haas Sturms Rekord-Torschütze in der ADMIRAL Bundesliga. Eineinhalb Jahre seiner Karriere verbrachte er in der Ligue 1. Deshalb baten wir „Super-Mario", der heuer wie die Bundesliga 50 wird, vor Sturms Conference-League-Kracher gegen Lille zum Legenden-Talk.
Mario, bevor wir über Sturm gegen Lille reden: Für dich hat Frankreich in deiner Karriere keine unwesentliche Rolle gespielt. Was sind so deine Erinnerungen?
Ich war 1998 bei der WM in Frankreich. Kurz danach habe ich beim 2:2 gegen den frischgebackenen Weltmeister Frankreich ein Tor erzielt, das sicher entscheidend dazu beigetragen hat, dass mich dann Racing Strasbourg verpflichtet hat. Und auch wenn dort nicht alles nach Wunsch verlaufen ist, der französische Fußball ist sehr interessant und hatte damals wie heute eine hohe technische Qualität.
Du hast in 27 Ligue-1-Spielen drei Tore erzielt. Woran lag es, dass du dich nicht so entfalten konntest?
Am Anfang ist es für mich ganz gut gelaufen, wir waren eingespielt, aber der Investor wollte mit aller Gewalt und um viel Geld den schnellen Erfolg einkaufen. Das funktioniert aber nicht. Es hat dann nicht mehr so gepasst und ein paar Jahre später ist alles zusammengebrochen und Strasbourg ist bis in die 3. Liga abgestiegen. Ich habe aber viel Erfahrung mitgenommen und die Bekanntschaft von sehr vielen Spielern mit Rang und Namen gemacht. Ich habe mit Chilavert gespielt, dem Torhüter aus Paraguay, der so viele Freistoßtore gemacht hat, mit Ljuboja, Luyindula, Valerien Ismael. Es war nicht alles schlecht, aber nach der Rückkehr mit Sturm in der Champions League zu spielen, war noch besser. Ich habe gleich zwei Tore gegen Panathinaikos gemacht, da gab es dann eine große Story in der „L'Equipe“, wie man einen doppelten Champions-League-Torschützen gehen lassen konnte. Das war schon eine Genugtuung.
Gegen Lille, damals Zweitligist, hast du nie gespielt. Was erwartest du am Donnerstag von Sturm gegen Lille?
Das wird sicher ein spannendes Match, in dem alles drin ist. Das sieht man alleine schon an den Duellen der beiden gegen Slovan Bratislava (Anm.: Sturm besiegte die Slowaken 4:1 und 1:0, Lille gewann in der Gruppenphase daheim 2:1 und remisierte auswärts 1:1). Da konnten die Slowaken die Franzosen schon unter Druck setzen und dagegen halten. Ich glaube, das sollte Sturm mit seiner aggressiven Spielweise auch gelingen. Dazu kommt, dass wir auch noch extrem gut bei Standards sind und damit jedem Gegner weh tun können. Von daher erwarte ich ein offenes Spiel.
Sturm hat aktuell und hatte in den vergangenen Jahren einige hochkarätige Stürmer. Wer hat dir am besten gefallen oder ist dir sogar ähnlich?
Mir taugt der Biereth. Der ist zwar einen Kopf größer als ich und damit nicht nur ein Sprinter wie ich, aber wie er in die Tiefe geht, das imponiert mir schon. Yeboah war auch so einer, aber der hat mir noch zu viele Chancen vernebelt. Højlund und Emegha haben natürlich auch ihre Qualitäten, sonst wären sie heute nicht dort, wo sie sind.
Als U16-Trainer der Akademie hattest du auch Leon Grgic unter deinen Fittichen. Kann er auch so einer werden?
Ja, er hat große Anlagen, aber es ist gerade nicht so einfach für ihn. Als Junger kommst du nicht gleich zum
Spielen, da musst du kämpfen um den Platz. Das war bei mir auch nicht anders.
Du warst ja schon als Bub im Sturm-Nachwuchs, wer waren denn deine Lieblinge als Ballbub?
Auf Bozo Bakota und Gernot Jurtin habe ich schon aufgeschaut. Auch dem kleinen Argentinier Jorge Diaz habe ich gerne zugeschaut, der war so ein Wahnsinnsdribbler. Nur, wir haben in der Gruabn gar keine Ballbuben gehabt, die gab's nur bei den Europacupspielen im alten Liebenau. Da gab’s viele geile Highlights, wie gegen Nottingham Forest, bei denen ich dabei war. Damals habe ich davon geträumt, auch einmal für Sturm zu spielen. Dass wir dann sogar die ersten waren, die Meister geworden sind, ist unglaublich.
Wie oft wirst du heute noch auf das magische Dreieck Reinmayr-Vastic-Haas angesprochen?
Schon noch sehr oft, so etwas vergessen die Leute nicht. Wir haben den Leuten mit unseren extremen Erfolgen viel gegeben und kriegen heute immer noch viel von ihnen zurück. Die jetzige Generation ist auch super, aber unsere Erfolge in der Champions League, der Gruppensieg und das Erreichen der zweiten Gruppenphase, ist wahrscheinlich noch drüberzustellen. Wir sind einfach nicht aus den Geschichtsbüchern zu kriegen.
Habt ihr noch regelmäßig Kontakt?
Wir „Legenden" haben eine WhatsApp-Gruppe, jeder weiß immer, wo der andere ist und wir sehen uns auch regelmäßig bei Veranstaltungen. Wir verstehen uns einfach alle gut untereinander, jeder gratuliert jedem zum Geburtstag. Ich weiß, dass das nicht bei allen Vereinen so ist.
Du feierst im September den 50. Geburtstag und bist damit um einen Monat jünger als die ADMIRAL Bundesliga. Mit deinem Ferserl-Tor gegen die Austria aus dem Jahr 2008 bist du bei der Wahl zum schönsten Tor der Bundesliga-Ära vertreten. War es dein schönstes?
Ich glaube, ich habe ein paar schöne Tore geschossen. Aus Kontern, aus Freistößen, ein Seitfallzieher war auch dabei, aber im Endeffekt war dieses Tor mit der Ferse schon ein sehr besonderes, weil es nicht so oft vorkommt. Obwohl ich als Junger auch gegen Rapid einmal ein Ferserl-Tor gemacht habe, aber das ist nicht so bekannt. Ich weiß, dass bei der Wahl viele tolle Tore dabei sind, aber es wäre natürlich klass', wenn ich viele Stimmen kriegen und weit vorne landen würde.
Dein Sohn Jannik spielt in der U16 der Klagenfurter Akademie, wird er auch bald für Bundesliga-Tore sorgen?
Er ist auch Stürmer, aber wahrscheinlich variantenreicher als ich, er kann auch im offensiven Mittelfeld spielen. Ich bin sehr zufrieden mit seiner Entwicklung, wenn er es machen will, hat er von uns Eltern alle Unterstützung. Ob es mit der Bundesliga klappt, weiß man nie. Es gehört auch Glück dazu.
Fotos: GEPA pictures