29. Jan. 2024

Andreas Heraf: Rückkehr zu Lotte!

Warum der Wechsel zu Austria Lustenau für den Wiener ein bisschen wie heimkommen ist, es noch nicht nach 12 ist und wo er den Hebel bei der Mission Klassenerhalt ansetzt.

 

Sie sind nach knapp 20 Jahren wieder Trainer in Lustenau. Wie emotionell ist diese Rückkehr?

Vielleicht nicht so sehr, wie man denkt - auch wenn ich besondere Erinnerungen mit Lustenau verbinde. Es war der erste Profiklub, wo ich als Trainer arbeiten durfte. Speziell das erste Jahr war sehr erfolgreich. Natürlich ist der Verein jetzt eine Liga höher, und das ist auch ein Grund, warum ich es mache, aber er ist trotzdem sehr familiär und bodenständig geblieben. Es sind noch viele Menschen von früher da, schon angefangen von der Zeugwartin, der Lotte, zu der der Kontakt nie abgerissen ist. So gesehen war es schon ein gewisses Nachhausekommen. Auf der anderen Seite tut sich viel, das alte Stadion wird abgerissen und neu aufgebaut.

Ist die Aufgabe noch schwerer als in Ried, wo Sie auch den Abstieg verhindern mussten?

Ja. Damals war es eine 50/50-Chance – so eine haben wir diesmal nicht, wenn man die Tabelle anschaut. Trotzdem – es sind noch fünf Runden im Grunddurchgang bis zur Punkteteilung. Ich hoffe, dass wir uns bis dahin angenähert haben und es noch eine 50/50-Chancen wird und dass wir uns nicht nur mit Tirol einen direkten Konkurrenten schaffen, sondern auch noch eine weitere Mannschaft in den Abstiegskampf verstricken. Das würde es für uns einfacher machen. Wer das Abstiegsplayoff kennt, der weiß, dass das auch schnell gehen kann. Das ändert aber nix daran, wir müssen jetzt unsere Punkte holen, die wir im Herbst nicht geholt haben. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und es ist nicht fünf vor 12, sondern Punkt 12. Aber – es ist noch nicht nach 12. Deshalb ist die Chance da. Es gibt 45 Punkte zu holen in diesen 15 Spielen. Und wir werden in jedem Spiel versuchen, so viel zu holen wie möglich und hoffen, dass am Ende die große Sause in Lustenau stattfindet.         

Sie übernehmen eine Mannschaft am Boden. Wie richtet man sie wieder auf? Ist das eine psychologische Sache?

Im Moment gar nicht. Für mich geht es jetzt um fußballtaktische Dinge. Da reicht auch ein Blick auf die Tabelle – wir haben nur acht Tore geschossen und 40 kassiert. Das zeigt, wir müssen vorne mehr treffen und hinten weniger Tore kriegen. Und wir haben 19 Gegentore aus Standards bekommen – da müssen wir auch besser werden, hinten und vorne. Also ist genug zu tun. Mental braucht man derzeit nicht viel machen, weil mit einem neuen Trainer, neuen Spielern und nach dem Urlaub, ist sowieso eine gewisse Aufbruchstimmung da. Da musste ich nicht viel dazu tun. Der Trainerstab ist toll und die Mannschaft zieht extrem mit. Ich bin von der Einstellung begeistert. Alles andere werden wir uns erarbeiten. Der Nachteil ist – in Bregenz hatte ich 13 Wochen Vorbereitung, diesmal sind es nur fünf. Die Zeit ist gering. Aber, es gibt keine Ausreden. Und wir haben mit Wattens gleich ein wichtiges Spiel. Ich bin überzeugt, dass wir es hinkriegen.      

Bei den Verstärkungen hat Lustenau mit Boateng, Meisl oder vor kurzem Chato vor allem defensiv angesetzt.

Ein Punkt war natürlich, dass wir die Qualität erhöhen müssen. Freilich war für mich in der Wintertransferzeit schon sehr auffällig, dass es da schon ganz schwer ist, gute Spieler zu kriegen, die dir weiterhelfen, weil die Verträge fast immer bis Sommer laufen. Deshalb bin ich Lustenau sehr dankbar, dass sie mir die Gelegenheit gegeben haben, Spieler zu holen, die ich schon kannte. Das ist glaub ich wichtig in den nur dreieinhalb Monaten, bis die Saison vorbei ist. Da ist es gut, wenn mich diese Spieler schon kennen.

Um eine Chance zu haben müssen auch einige Schlüsselspieler bei euch zurückkommen. Wie ist denn der Status bei Maak, Fridrikas und Surdanovic?

Fridrikas ist wieder topfit, top im Training. Er ist sehr gut drauf und ein wichtiger Spieler für uns. Er hat auch richtig gut trainiert, geht extreme Wege und gibt richtig Gas. Maak ist wieder ins Training eingestiegen, hat auch schon wieder gespielt. Aber er wird noch ein bisserl brauchen, war ja sehr lange weg. Bei Surdanovic wird es mit seinem Kreuzbandriss natürlich noch etwas dauern. Wobei: Er hat sich nicht operieren lassen, versucht es konservativ, die Reha läuft sehr gut. Wenn alles gut geht, wird er versuchen, uns irgendwann im Frühjahr noch zu helfen.

Ist das neue Stadion ein Motivator bei der Aufgabe oder erzeugt es noch mehr Druck?

Nein, ich sehe beides nicht. Das ist noch so weit weg, dass es mit uns aktuell nur wenig zu tun hat. Natürlich wäre jeder gern dabei, wenn das Stadion eingeweiht wird, aber das passiert ja erst übernächsten Sommer. Jetzt müssen wir die Saison mal so weiterspielen, dass das passiert, was uns keiner mehr zutraut.

Die Gegenwart heißt sowieso Bregenz, dass ihr bis dahin als Ausweichstadion nützt. Interessante Konstellation: Sie sind bei einem neuen Verein, bleiben aber im selben Stadion.     

Ich denke nicht, dass so etwas oft passiert. Es ist schon kurios, wenn man im Stadion des Vereins weiterspielt, von dem man gerade weggegangen ist. Es ändert aber nichts an der Arbeit.

 

Fotos: Gepa Pictures