06. Feb. 2024
Philipp Semlic: Mit Alonsos Know-how zu neuen Hhenflgen
Nach einem enttäuschenden Herbst hat der SKN St. Pölten in den Winterpause den Trainer gewechselt. Mit Ex-Lafnitz-Coach Phlipp Semlic wollen die „Wölfe“ zurück in die Spur finden. Der 40-jährige Steirer durfte im Sommer bei nahmhaften Klubs hospitieren.
Bundesliga-Journal: Am 8. Jänner hat für Sie das Unterfangen SKN St. Pölten begonnen. Wie ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft?
Philipp Semlic: Ein sehr guter. Es war für uns kein Kaltstart. Ich habe die Zeit ab meiner Vertragsunterschrift bis hin zum Trainingsstart genutzt, um mich mit allen Spielern einmal persönlich zu treffen. Mir war dies wichtig, damit nicht nur ich die Spieler besser kennenlerne, sondern auch sie mich kennenlernen und ein Gefühl dafür entwickeln, was mir wichtig ist und welche Vorstellungen ich habe. In jedem einzelnen Gespräch habe ich gemerkt, dass die Spieler eine große Vorfreude auf das haben, was kommen wird. Alle haben mir einen sehr positiven Eindruck vermittelt.
Hat Sie irgendwas überrascht?
Überrascht hat mich nicht wirklich etwas, aber die Professionalität gepaart mit der menschlichen und bodenständigen Komponente aller Beteiligten - vom Präsidenten bis hin zum Zeugwart - empfinde ich, gemessen an der Größe des Klubs, schon als etwas Besonderes und passt sehr gut zu mir. In der Mannschaft hatten wir innerhalb sehr kurzer Zeit eine richtig gute Stimmung. Jetzt ist es nur wichtig, diesen guten Spirit im Team auf dem Platz erfolgreich umzusetzen.
Was hat am Ende für das Engagement beim SKN gesprochen?
Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch, mir ist aber auch der Umgang miteinander sehr wichtig. Die professionellen Strukturen und die Ziele des Vereins waren das eine, das mir bei der Vertragsunterschrift wichtig war. Das andere waren die sehr wertschätzenden Gespräche mit Jan Schlaudraff, Tino Wawra und Thomas Nentwich, die mich von ihrer Idee überzeugt haben.
Was zeichnet den SKN als Verein aus?
Der SKN ist der Verein für Niederösterreich. Der SKN hat eine große Tradition. Wir haben von Seiten der Infrastrukur viele Möglichkeiten. Wir haben eine sehr gute Mannschaft und ich habe einen exzellenten Trainerstab. Das Problem dabei ist, das Hier und Jetzt nicht aus den Augen zu verlieren. Nicht zu sehr in der Vergangenheit zu leben, sich aber auch nicht allzu viele Gedanken über die Zukunft zu machen. Es ist wichtig, im Hier und Jetzt zu leben und in der Gegenwart gute Dinge zustande zu bringen. Denn wenn man das nicht macht, dann hat man gerade in der ADMIRAL 2. Liga, die eine sehr schwere Liga ist, schnell eine Niederlage hängen. Das ist die Herangehensweise, die wir wählen. Wir wollen uns von Spiel zu Spiel gut vorbereiten und dann versuchen, die Wahrscheinlichkeit so hoch wie möglich zu halten, das Spiel am Wochenede auch zu gewinnen.
Von der Steiermark nach Niederösterreich: Ist Ihr Umzug bereits abgeschlossen? Ist Ihre Familie mitgekommen?
Der gesamte Verein hat mich beim Umzug fantastisch unterstützt. Mir ist es wichtig, permanent vor Ort zu sein, da ich sehr viel Zeit in die tägliche Arbeit investiere. Meine Wohnung habe ich bereits bezogen. Meine Tochter ist gerade noch bis Sommer in der Kinderkrippe in Graz und wird mit meiner Frau wöchtenlich pendeln. Ab Sommer wird unsere Tochter dann in St. Pölten in den Kindergarten gehen und meine Familie ist dann komplett in St. Pölten. Meine Frau ist mir hierbei eine riesen Unterstützung und ich könnte mich daher nicht glücklicher schätzen.
Nachdem Sie im vergangenen Sommer den Vertrag bei Lafnitz nicht verlängerten, haben Sie sich eine kleine Auszeit gegönnt. Wie wichtig war es für Sie, einmal den Kopf freizubekommen?
Ich war davor 13 Jahre im Fußballgeschäft tätig, parallel dazu hatte ich zu Beginn auch noch meinen Job als Lehrer inne. Also eine permanente Doppelbelastung. Meine Familie musste in dieser Zeit natürlich oft auf mich verzichten und auch das Urlauben war durch die Doppelbelastung nicht immer einfach. Der Trainerjob ist sehr fordernd. Daher wollte ich die Zeit nach Lafnitz ganz meiner Familie und dem Abschluss der Pro-Lizenz widmen. Diese Phase war für mich Gold wert und ich konnte richtig Energie tanken und sprühe jetzt wieder voller Tatendrang für meine neue Aufgabe beim SKN St. Pölten.
Ganz untätig waren Sie ja nicht. Sie erwarben die UEFA-Pro-Lizenz und durften bei prominenten Trainern hospitieren. Etwa bei Arsenals Mikel Arteta oder Leverkusens Xabi Alonso. Was war das für ein Gefühl? Was konnten Sie von denen lernen und für Ihre Philosophie mitnehmen?
Das ist richtig. Ich konnte im November meine Pro-Lizenz abschließen, worauf ich auch sehr stolz bin. Mir war wichtig, auch die Inhalte und Arbeitsaufträge, die sehr umfangreich waren, mit der maximalen Professionalität und mit entsprechendem Aufwand zu absolvieren. Das ist mir am Ende sehr gut gelungen und ich konnte die Lizenz mit einer sehr hohen Punkteantzahl abschließen. Im Zuge der Ausbildung hatten wir die Verpflichtung, eine internationale Hospitation zu machen. Durch die Zeit, die ich im letzten halben Jahr hatte, habe ich nicht nur eine gemacht sondern insgesamt drei. Werder Bremen bei Ole Werner, Bayer Leverkusen bei Xavi Alonso und Arsenal London bei Mikel Arteta. Alle Hospitationen waren sehr spannend und ich konnte richtig tiefe Einblicke in die Arbeitsweisen von internationalen Spitzenvereinen gewinnen. Jede Hospitation für sich war unterschiedlich. Was alle Trainer gemeinsam hatten, war: Trotz ihrer hohen Professionalität nahmen sich alle sehr viel Zeit für individuellen Gespräche mit mir und wir konnten uns über Fußball und Mannschaftsführung sehr gut austauschen. Ich habe daraus jedenfalls sehr viel mitgenommen und gelernt!
Wohin kann der Weg des SKN im Frühjahr noch führen? Ist der Aufstieg eventuell noch im Hinterkopf oder ist der GAK schon zu weit weg?
Für mich ist es nun wichtig, dass die Mannschaft die Spielidee so schnell wie möglich verinnerlicht und sich in den Abläufen schnell zurecht findet. Das erfordert unsere komplette Energie. Wenn wir da schon an Dinge denken, die in der Zukunft liegen, dann fehlen uns ein paar Prozent an Energie. Das können wir uns nicht erlauben. Ich habe über 100 Spiele in der 2. Liga in Österreich gecoacht, vorbereitet und nachbereitet. Diese Liga ist so schwierig und du musst mit voller Bereitschaft im Moment leben, um erfolgreich zu sein. Das muss unser Ansatz sein und nicht die Gedanken an andere Dinge verlieren, die wir sowieso nicht beeinflussen können.
Gehört ein Klub wie der SKN in die Bundesliga?
Rein von der Infrastruktur und den Möglichkeiten, definitv ja. Aber da gibt es auch andere Vereine, auf die das zutrifft. Wichtig für uns ist, das nicht der Wunsch der Vater des Gedankens ist, sondern uns bewusst ist, dass viel harte Arbeit und ein guter Teamspirit notwendig sind, um erfolgreich zu sein.
Sie sind mit 110 Spielen ein Trainer mit großer Zweitliga-Erfahrung. Worauf kommt es in dieser Liga an, um ganz vorne mitzuspielen?
Wie schon erwähnt, die 2. Liga in Österreich ist eine der schwierigsten, die es gibt. Über die Jahre hat sich die Liga sehr stark entwickelt. Sowohl sportlich als auch der mediale Fokus, was mich sehr freut. Man muss in jedem Spiel den richtigen Zugang finden und seine Leistung individuell und als Mannschaft auf den Platz bringen. Das ist die Basis, gepaart mit guter Energie, Leidenschaft und inhaltlicher Qualität. So kann man erfolgreich agieren.
Fotos: Gepa pictures